30.07.2024

Kulturerbe Nachhaltigkeit

Die Gartenträume des Max Liebermann  

Vor- und Nutzgartens der Liebermann-Villa in Wannsee Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Gütter
Vor- und Nutzgartens der Liebermann-Villa in Wannsee Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Gütter

Max Liebermann (1847–1935) hat auf zahlreichen Gemälden den Garten seiner Villa am Berliner Wannsee auf Leinwand gebannt. Aber auch dieser Garten leidet, wie viele andere unter dem Klimawandel. Nun soll der Garten des Malers mithilfe von Spenden fit für die Zukunft gemacht werden.

 

Im Berliner Großbürgertum kam es um 1900 die Mode auf Landhäuser zu besitzen. Im Juli 1909 ergatterte Max Liebermann eines der letzten Wassergrundstücke in der Villenkolonie Alsen am Wannsee. Auf zwei Grundstücksparzellen in der Großen Seestraße 24 (heute Colomierstraße 3) schuf er ein Refugium für sich und seine Familie. Dort, abseits der trubeligen und lauten Großstadt Berlin errichtete er mit viel Liebe zum Detail neben einer Villa auch einen prachtvollen Garten. Briefe, die er an seinen Freund Alfred Lichtwark (1852–1914), den Gartenreformer und damaligen Direktor der Hamburger Kunsthalle schrieb, zeugen von Liebermanns tiefgehenden und genauen Überlegungen zur Gestaltung des Wohngebäudes und des Gartens. So berichtete er am 26. Juli 1909 an Lichtwark, dass die Fassade „zu sehr nach einem Bauernhaus aussieht“ um dann weiter auszuführen „ich möchte ein Landhaus, das sich ein Städter gebaut hat. Wie überall ist das einfachste das schwerste“ [sic]. Die Villa wurde von dem Architekten Paul Otto Baumgarten, der bereits für die benachbarte Villa Hamspohn verantwortlich war, konzipiert. Straßenseitig wird die Villa von zwei kolossalen Muschelkalksäulen markiert, die Gartenseite, die zum See hinzeigt, wird von einem giebelgekrönten Mittelrisalit bestimmt. Der Garten wurde von Albert Brodersen gestaltet. Bereits im Frühjahr 1910 war das Domizil bezugsfertig und auch die Gestaltung des Gartens war zu großen Teilen abgeschlossen. Ihre Sommerfrische verbrachten die Liebermanns fortan von 1910 bis zu Max Liebermanns Tod 1935 in ihrem „Schloss am See“.

Vor- und Nutzgartens der Liebermann-Villa in Wannsee Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Gütter
Max Liebermann verbrachte seine Sommerfrische am Wannsee. Neben der Villa ließ er auch einen großzügigen Garten gestalten. Hier ein Blick in den Vor- und Nutzgarten. Foto: Deutsche Stiftung Denkmalschutz/Gütter

Reformatorische Gartengestaltung

Aufgrund des Ausbruchs des Ersten Weltkriegs konnten Liebermann seine jährlichen Malaufenthalte, die ihn in die Niederlande führten, nicht mehr antreten und sein Gartenrefugium wurde immer mehr zu seinem Inspirationsort. Seine Sommeraufenthalte zwischen 1910 und 1934 brachten über 200 Ölgemälde und zahlreiche Arbeiten auf Papier hervor. Der Künstler stellte in seinen Werken seinen Garten in aller Farbpracht dar, dessen Aussehen so auch für die Nachwelt erhalten wurde. Nach Liebermanns Tod im Februar 1935 unterlag das Haus einer wechselvollen Geschichte, deren trauriger Höhepunkt der Zwangsverkauf 1940 war. Die Nationalsozialisten zwangen Liebermanns Witwe, Martha das Grundstück an die Deutsche Reichspost zu verkaufen. Diese errichtete in der Villa ein „Schulungslager“ für ihre „weibliche Gefolgschaft“. Infolgedessen wurde der Garten der Liebermanns fast vollständig zerstört und mit der benachbarten Villa Hamspohn zusammengelegt. Nach 1945 diente die Villa gemeinsam mit der benachbarten Villa Hampsohn dem Städtischen Krankenhaus Wannsee als chirurgische Abteilung. Im Jahr 1951 erhielt Liebermanns Tochter Käthe das Anwesen zurück. Sie schloss mit dem Krankenhaus einen Mietvertrag ab. Ihre Tochter Maria erbte das Haus nach dem Tod der Mutter 1952 und verkaufte es 1958 an das Land Berlin. Die Klinik sollte das Gebäude bis 1969 nutzen. Für zwei Jahre stand das Gebäude infolge leer, bis es der Deutsche Unterwasser-Club als Vereinsheim pachtete. Mit ihrer Gründung 1995 begangen auch die Bemühungen der Max-Liebermann-Gesellschaft das Sommerrefugium des Künstlers zu erhalten um dort ein Liebermann-Museum zu errichten. Doch die Stadt hatte zeitgleich den Pachtvertrag mit den Tauchsportlern vorzeitig für zwanzig Jahre verlängert. 1997 gelang es nach langem Ringen und dem Einsatz von zahlreichen Bürgerinnen und Bürgern, eine museale Nutzung des Gebäudes zu verwirklichen. Der Berliner Senat stimmt dem passend zu Liebermanns 150. Geburtstag zu. Eine Zusage finanzieller Mittel erfolgte jedoch nicht. Viele Privatpersonen und Institutionen sprangen ein als 2002 Restaurierungs- und Umbauarbeiten an der Villa begangen. Ab 2004 wurde die ursprüngliche Gartenanlage wiederhergestellt. In insgesamt vier Bauabschnitten, die bis 2014 durchgeführt wurden, konnte der Garten originalgetreu wiederaufgebaut werden. Dabei konnte zum Teil auf die Originalsubstanz, wie Stützmauern, Treppen, die Lindenhecke im Vorgarten und Reste der Hainbuchhecke zurückgegriffen werden. Historische Fotografien, Briefe, Pläne und auch Liebermanns Gemälde dienten ebenfalls der Rekonstruktion.
Der Garten der Liebermanns verfügt über verschiedene Gartenabschnitte, die unterschiedlich genutzt wurden. Neben dem Nutzgarten mit Obst- und Gemüsegarten, der im vorderen Teil des Gartens zur Straße hin angelegt wurde, gibt es rückseitig ein Birkenwäldchen, Heckengärten, die ein Lindenkarree, einen ovalen Garten und einen Rosengarten beherbergen. Den Garten ließ Liebermann als Reformgarten anlegen. Als Vorbild für den Nutzgarten dienten norddeutsche Bauerngärten. Ein Mittelweg dient der Gliederung zwischen Blumen- und Gemüsebeeten und wird von üppigen Blumenrabatten gesäumt. Durch diese Gestaltung entsteht eine direkte Blickachse, die durch das Haus den Blick auf den Wannsee freigibt und auch heute noch so besteht. Hinter dem Haus befindet sich der See, zu dem der Garten terrassenförmig hin abfällt. Neben der Terrasse, die der Familie als Erweiterung des Wohnzimmers diente, wurden Blumenbeete und Heckengärten angelegt. Ein Birkenwäldchen flankiert auf der Südseite die Frühlingswiese, die ab März von Frühblühern übersät ist und den Blick auf den See freigibt. Auf Wunsch Liebermanns blieb das Birkenwäldchen erhalten. Die alten Birken mussten jedoch vor zwanzig Jahren durch neue ersetzt werden. Drei Heckengärten rundeten die Gartengestaltung ab. Heckengärten waren ein wichtiges gestalterisches Werkzeug für die Gartenreformer. Die Idee dieses Gestaltungselements war es, zusätzliche architektonische Räume zu schaffen.

Rosengarten vor den Erhaltungsmaßnahmen, 2022, © sevens[+]maltry, Potsdam
Rosengarten vor den Erhaltungsmaßnahmen, 2022, © sevens[+]maltry, Potsdam
Rosengarten nach den Erhaltungsmaßnahmen, 2023, © Max-Liebermann-Gesellschaft
Essenzieller Bestandteil des Gartens waren Rosen. Der Rosengarten wurde 2023 saniert. © Max-Liebermann-Gesellschaft

Eintauchen in Liebermanns Gemälde

Da der historische Garten, wie viele andere Gärten auch vom Klimawandel betroffen ist, hat die Max-Liebermann-Gesellschaft die Aktion „Garten. Spende. Zukunft“ ins Leben gerufen, um Spenden einzusammeln. In mehreren Großprojekten soll der Garten fit für die Zukunft gemacht werden. Neben privaten Spenderinnen und Spendern beteiligt sich auch die Deutsche Stiftung Denkmalschutz. Insgesamt vier Vorhaben werden mit den Spenden umgesetzt. Aufgrund der auch in Berlin immer trockener werdenden Sommer müssen der Rasen und die Pflanzen regelmäßig bewässerte werden. Bisher nutzte man dafür Versenkregner. Diese haben jedoch den Nachteil, dass das Wasser schnell verdunstet und auch an Stellen gelangt, die keine Beregnung benötigen, wie zum Beispiel die Wege. Die Bewässerungsanlage soll daher umgestellt werden und so nachhaltiger werden. In einigen Gartenabschnitten wird eine Tropfbewässerung eingebaut. Ein weiteres Problem im Garten stellen der Buchsbaumzünsler und auch Pilzbefälle an den Buchsbäumen dar. Da Buchsbäume jedoch ein zentrales Gestaltungselement im Garten Liebermanns darstellen, wurde nach Wegen gesucht, um die befallen Pflanzen zu ersetzen. Im Austausch mit Forschungszentren entschied man sich, die angegriffenen Buchsbaumeinfassungen mit buchsbaumähnlichen Arten zu ersetzen. Ebenfalls zentrales Gestaltungselement im Garten des Malers sind Rosen, die in roten, pinken und weißen Blütenkleidern erstrahlen. Auf der Sommerblumenterrasse ergänzen rote Geranien das Gesamtbild. Da es sich bei diesen Pflanzungen um Monokulturen handelt, muss die Erde nach 15 Jahren ausgetauscht werden. Das vierte und letzte Projekt ist die Ausbesserung der Wege und die Ertüchtigung der Beete. Jährlich besuchen über eine Millionen Besucherinnen und Besucher den Garten von Max Liebermann, sodass die Wege großen Belastungen ausgesetzt sind. Daher sollen die Wegeflächen mit neuen Deckschichten versehen werden und die Pflasterflächen überarbeitet werden. Die Arbeiten im Garten des Makers, den er auf zahlreichen Gemälden und Arbeiten auf Papier festhielt, sollen in diesem Jahr abgeschlossen werden um noch vielen Besucherinnen und Besuchern eine Eintauchen in die Bilder des berühmten Berliner Impressionisten zu ermöglichen.

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