Das kostbar Besteck kann im Maximilianmuseum in Augsburg bestaunt werden. ©Christie, Manson & Woods Ltd.
Das kostbar Besteck kann im Maximilianmuseum in Augsburg bestaunt werden. ©Christie, Manson & Woods Ltd.

Zum Gebrauch bei der täglichen Mahlzeit war sie sicher nie gedacht, die 40-teilige, kostbar verzierte Augsburger Besteck-Garnitur des David Altenstetter (tätig 1573-1617). Dieser Neuzugang im Augsburger Maximilianmuseum kann als Sensation gelten: Denn es handelt sich um das älteste bekannte komplette Besteckservice überhaupt und fand so Eingang ins Guinness Book der Weltrekorde. 2005 gleichsam wiederentdeckt, wurde dieses imposante teilvergoldete Silber-Ensemble bei Christie`s in London für rund 1,2 Millionen britische Pfund versteigert und nun von einem Förderer des Maximilianmuseum diesem als Dauerleihgabe übergeben.


Kammergoldschmied des Kaisers

Augsburg galt vom 16. bis Ende des 18. Jahrhunderts als führende Goldschmiedemetropole Europas, deren Silbergeschirre an den europäischen Höfen begehrt waren und bis ins Zarenreich geliefert wurden. Davon kann man sich im Augsburger Maximilianmuseum ein Bild machen: Sowohl im sogenannten Silbergewölbe im Erdgeschoss wie auch im zweiten Obergeschoss im „Felicitas-Saal“ samt Vorsälen ist eine Vielzahl verschiedenster historischer Geschirre bis hin zu einem veritablen Silbermöbel-Ensemble ausgestellt. Dort ist nun auch das nach seinem Hersteller, dem Goldschmied David Altenstetter, benannte Besteck zu bewundern. Es umfasst – ein Novum in jener Zeit – zwölf stilistisch aufeinander abgestimmte, dreiteilige Löffel-Gabel-Messer-Sets sowie drei zugehörige Salznäpfchen.
Lange diente der Löffel allein als Essbesteck. Seit der Renaissance führte man vielfach sein eigenes Messer in einem Futteral am Gürtel mit sich. Die Gabel kam erst im 17. Jahrhundert zum Besteck-Satz für Einzelpersonen hinzu. Deshalb gilt das 1615 datierte Altenstetter Besteck als ältestes erhaltenes Zeugnis der mittlerweile gängigen Dreiheit von gleichgestalteten Messer-Gabel-Löffel-Sets. David Altenstetter, der aus Colmar kam, war wohl seit 1570 in Augsburg ansässig. Mit seiner Heirat 1573 erwarb er die Meistergerechtigkeit. Alsbald stieg er zu Amt und Würden auf, war für Herzog Albrecht V. von Bayern und 1610 als Kammergoldschmied Kaiser Rudolfs II. tätig. So sind beispielsweise In der Schatzkammer der Münchner Residenz dessen reich mit Tiefschnittemail verzierter Hausaltar Albrechts V. zu bewundern, oder im Wiener Kunsthistorischen Museum eine ebenso reich verzierte Tischuhr. In Augsburg bekleidete er von 1587 bis 1595 das Amt des Vorgehers und war von 1588 bis zu seinem Tod 1617 Ratsherr. Auch gehen die Emailmedaillons des berühmten „Pommerschen Kunstschranks“ auf ihn zurück. Dessen Vermittler, der bedeutende Augsburger Kunstagent Philipp Hainhofer, hob ihn in einem Brief wie folgt lobend hervor: „unter den geschickhtisten und berüembtisten maistern ist auch der Altenstetter mit schmeltz werckh so sehr schöne arbait macht, Altenstetter aber übertrüffts alle und hat gantz eine andere manier…“ (zitiert nach Georg Laue).

Das kostbar Besteck kann im Maximilianmuseum in Augsburg bestaunt werden. ©Christie, Manson & Woods Ltd.
Das Altenstetter Besteck gilt als das erste Besteckset, das aus Gabel, Messer und Löffel besteht. ©Christie, Manson & Woods Ltd.

Sehr guter Erhaltungszustand

Stolz hat der Goldschmied Altenstetter jeden der zwölf Messergriffe des hier vorgestellten Prunkbestecks mit „D. A. F.“ für „David Altenstetter Fecit“ gekennzeichnet. Dieses teilvergoldete Besteck verkörpert den frühen Typ mit dünnen, kantigen Stielen, runden Löffel-Laffen, zweizinkigen Gabeln und spitzen Messerschneiden. Das außergewöhnliche ist jedoch der prachtvolle bunte Tiefschnittemail-Dekor auf allen Besteckgriffen: In leuchtenden Farben vereint er symmetrische Ranken, Blüten und Girlanden; der bei den Salzgefäßen um Hirsche, Papageien, Meerkatzen, Braunbären, Schmetterlingen, Libellen, Vasen und Musikinstrumenten-Bündeln erweitert ist. Das Besteck besticht auch durch seine gute Erhaltung: Lediglich an den Hauptornamenten der Messer befanden sich ältere harzhaltige Kittungen. So hielten sich restauratorische Maßnahmen in engen Grenzen. Die Restauratorin Karolin Rapp, die am Maximilanmuseum in Augsburg tätig ist, hat die Besteckoberflächen mit Ethanol gereinigt, um verbliebene Rückstände von Reinigungsmitteln zu entfernen, denn Reste von Silberputzmitteln können längerfristig das Fortschreiten der Glaskorrosion beschleunigen. Zudem hat sie passende Halterungen für die Museumspräsentation gebaut.

Die kostbaren Messergriffe wurden vom Goldschmied gekennzeichnet. ©Christie, Manson & Woods Ltd.
Die Messergriffe hat der Goldschmied Altenstetter mit den Buchstaben "D. A. F." gekennzeichnet. ©Christie, Manson & Woods Ltd.
Scroll to Top